Die EVP im Netz der Mun-Sekte
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Die evangelische Volkspartei EVP vereinigt alle möglichen evangelikalen und freikirchlichen Sektierer unter einem eher linken Dach (die rechtskonservativen finden unter dem Dach der eidgenössischen demokratischen Union EDU zusammen). Wie unkritisch und unüberlegt die EVP mit allen möglichen und unmöglichen Sekten und Extremisten ins Bett steigt, führte mir vor wenigen Wochen ein ganz besonderes Erlebnis deutlich vor Augen.
Jemand aus meiner Bekanntschaft musiziert auf hohem Laienniveau. Da diese Person nicht viele öffentliche Auftritte hat, nahm sie gern ein Angebot an, an einem «Friedensfest» zum «Friedenstag» im Volkshaus Zürich auftreten zu dürfen. Ich schlug die Bitte nicht aus, sie zu begleiten, obschon ich dachte, «Friedensfest, was für ein Unsinn, das bringt Frieden keinen Schritt weiter», dachte aber, das sei ein harmloser Unsinn irgendwelcher linker Weltverbesserer und sagte meiner Bekanntschaft zuliebe zu. Das Programm las sich ziemlich schwülstig, ein UNO-Botschafter soll eine Rede halten, und offizielle Vertreter aus der Politik waren angekündigt. Ausserdem würden Titel zum «UN Friedensbotschafter» vergeben. Die Organisatoren waren eine «Interreligious and International Federation for World Peace (IIFWP)» und eine «Universal Peace Foundation (UPF)». Viel mehr Informationen war nicht zu finden. Auf den ersten Blick waren die angegebenen Homepages unverdächtig. Also ging ich hin.
Richtig komisch wurde es aber dann, als dieser sogenannte UNO-Botschafter seine Rede hielt. Er referierte, kurz zusammengefasst, dass der Friede aus der Familie komme und nur eine intakte Familie bestehend aus Mann, Frau und Kindern das für Frieden notwendige Rückgrat bilden könne. Das war ja schon mal eine gehörige Portion realitätsferner Schwachsinn. Darauf folgte als Beleg für seine Aussagen ein Zitat aus der päpstlichen Enzyklopädie, also ausgerechnet von einer Person, die für ihren konservativen Unsinn bekannt ist und garantiert absolut keine eigene Erfahrung mit einer eigenen Familie hat. Den Vogel schoss er aber ab, als er Mun Sônmyông (???) zur Familie zitierte. Mun Sônmyông? Der Name kommt einem doch bekannt vor – das war doch der mit dieser Sekte, die damals in den 80ern gross Schlagzeilen machte, vor allem weil sie mit den klassischen extremen Sektenmethoden labile Menschen von ihren Familien abtrennte und in psychische Abhängigkeit von der Sekte versetzte. Das war mir dann des Schlechten zuviel, doch erstaunlicherweise war ich am Ende dieses «Vortrags» der einzige, der diese angebliche UNO-Botschafter-Pfeife lautstark ausbuhte.
Daher suchte ich nochmals gründlich im Internet und wurde prompt im Psiram-Wiki fündig: Im Artikel zur «Vereinigungskirche», wie sich die Mun-Sekte offiziell nennt. Da gibt es tatsächlich ein separates Kapitel «Friedensbotschafter der Vereinigungskirche» – Bingo! Da ist genau die Veranstaltung beschrieben, die ich eben erlebte. Von wegen «UNO», die ganze Nähe zur UNO ist ein reiner Beschiss (weshalb ich den Artikel auch unter dem Thema «Konsumentenschutz» einstelle) – dachte ich es mir doch!
Der Psiram-Artikel beschreibt haargenau, was ich bereits beobachtet hatte. Es ist zu lesen, dass hinter diesem «Friedensbotschafter»-Fake die Mun-Gruppierungen «Interreligious and International Federation for World Peace (IIFWP)» und «Universal Peace Foundation (UPF)» stehen, also genau die Veranstalter. Weiter steht beschrieben, wie absichtlich eine Verwirrung zwischen dem «Friedensbotschafter»-Titel der Mun-Sekte und dem echten Titel des «United Nations Messenger of Peace» hergestellt wird, wie man versucht, sich an die UNO anzubiedern. Wer nach Aufmerksamkeit lechtzt, wird von der Sekte gern bedient, so ist weiter zu lesen, dass dieser Scheintitel vorwiegend an leistungsarme lokale Möchtegern-Cervelat-B-Prominenz vergeben wird.
So ist es dann wohl auch zu erklären, dass als «offizielle» Vertreterin des Kantons Zürich die EVP Kantonsrätin Lisette Müller-Jaag präsentiert wurde, die nebst einer kürzest Eröffnungsrede auch noch einen ebensolchen Pseudotitel erhalten sollte. Selbstverständlich hatte sie vom Kantonsrat kein Vertretungsmandat, aber ebenso wurde sie vorgestellt, und sie fand es auch nicht notwendig, dem zu widersprechen, sondern spielte inbrünstig im Sektentheater mit.
Nebst mir, meinem Bekannten und der Person, die uns den Auftritt vermittelt hatte, wussten wohl viele der Teilnehmer nicht, dass sie auf einer Veranstaltung der Mun-Sekte gelandet sind. Viele Teilnehmer waren irgendwelche Religionsvertreter, wie zum Beispiel der buddhistische Mönch Bhante Anuruddha, die nicht allzu viele Fragen stellen und froh sind, wenn sie überhaupt irgendwelche Beachtung finden. So kann es durchaus sein, dass Frau Lisette Müller-Jaag nicht wusste, dass sie auf einer Veranstaltung der Mun-Sekte war. Daher kontaktierte ich sie über ihre Facebook-Seite und fragte, ob sie sich bewusst war, dass sie eine Veranstaltung der Mun-Sekte unterstützt hatte. Doch ich erhielt keine Antwort, auch nicht auf meine nochmalige Nachfrage ein paar Tage später. Daher kann ich darüber nur Vermutungen anstellen. Sollte sie sich doch noch melden, zum Beispiel aufgrund dieses Blogbeitrags, werde ich einen Nachtrag anbringen.
So oder so zeigt ihr Auftritt, in welchem üblen Sumpf die EVP und ihre Vertreter zuhause sind und mit welcher Sorglosigkeit sie sich von den übelsten Sekten benutzen lassen, und wie willfährig sie diesen zudienen. Einen deutlicheren Beweis für die absolute Notwendigkeit der strikten Trennung von Staat und Religion kann es kaum geben.
Michael Zindlerson am 4. Oktober 2016 um 08:44 Uhr
Wie Sie, Herr Wäckerlin vermutlich richtig betonen, ist die Kantonsrätin nicht im offiziellen Mandat des Kanton Zürichs aufgetreten und hat dies leider nicht dementiert. Sie versäumen es aber komplett, die Frage zu stellen, ob die Dame denn im offiziellen Mandat der EVP aufgetreten ist oder nicht. Stattdessen nehmen sie diesen Anlass dazu auf, die EVP mit dieser Veranstaltung in Verbindung zu bringen, anstatt die aufgetretene Person. Etwas mehr Differenziertheit wäre angebracht, denn nicht alles, was Politiker im privaten machen, hat mit der Partei zu tun. Dort wo die Veranstalter wohl gerne ein offizielles Mandat gesehen hätten, werfen Sie, Herr Wäckerlin, vor, dass dies vorgetäuscht wurde. Dort wo Sie, Herr Wäckerlin, ein offizielles Mandat sehen wollen, -damit sie die EVP mit Sekten in Verbindung bringen können- hinterfragen Sie nicht, ob denn ein Mandat bestand. Deshalb erstaunt es mich, dass ich der einzige bin, der nach der Lektüre dieses Artikels Sie in der Kommentarspalte ausbuhe ;-)
Marc Wäckerlin am 17. Oktober 2016 um 14:17 Uhr
In dem Fall würde ich der EVP empfehlen, mit der Frau zu reden und sie darauf hin zu weisen, dass es dem Ansehen der Partei schadet, sich mit Sekten in Verbindung bringen zu lassen. Falls die EVP eine offizielle Stellungnahme abgeben möchtem darf sie das gern tun. Allerdings hat die EVP eben gerade das grosse Problem, Religion mit Politik zu mischen. Ich würde im Zuge einer solchen Stellungnahme daher auch eine Antwort darauf erwarten, inwiefern und nach welchen Kriterien sich die EVP Religion zu eigen macht und inwiefern sie sich davon abgrenzen will.