Marc Wäckerlin
Für eine libertäre Gesellschaft

«Steinpilz-Grüessli» mit Spuren von Pilzen

Mai 14, 2014

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Bild vom «Steinpilz-Grüessli»Inhaltsangaben vom «Steinpilz-Grüessli» Neulich im Coop sah ich im Kühlregal einen «Steinpilz-Grüessli»-Brotaufstrich. Wunderbar dachte ich, etwas Neues zum Ausprobieren. Als ich die Packung in die Hand nahm, und ganz nach meiner Gewohnheit die Zutaten prüfte, um zu sehen, wieviel Steinpilz in einem «Steinpilz-Grüessli» ist, flog der Betrug auf: Es handelt sich nicht um einen Steinpilz-Brotaufstrich, sondern um einen Frischkäse-Brotaufstrich mit Spuren von Pilzen. Er besteht zu lediglich 1,2% aus getrockneten Steinpilzen, dazu noch zu 2,6% aus einer «Pilzzubereitung», diese wiederum zu 22% aus Champignons plus 4,8% Champignonextrakt (also 26,8% Champignons) und lediglich zu 0,2% (=2‰) aus frischem Steinpilz. Wer nun denkt, der Aufstrich bestünde zumindest aus 26,8% Champignons, der wurde nochmals getäuscht, denn lediglich die enthaltene «Pilzzubereitung» besteht zu 26,8% aus Champignons. Das Produkt selbst besteht nur zu 0,6968% (=2,6%×22%) aus Champignons und zu lächerlichen 0.0052% (=2,6%×0,2%) aus frischem Steinpilz. Zusammen mit dem getrockneten Steinpilz macht das einen Steinpilzanteil von 1,2052% und einen Gesamtpilzanteil von 1,902%. Reichlich kompliziert zu verstehen, oder? Das heisst, ein «Steinpilz-Grüessli» hat weniger als 2% Pilzanteil, darunter erst noch billige Champignons. Der Kunde wird hier mit dieser überkomplizierten Deklaration gleich doppelt und dreifach reingelegt. Die Komplexität der Deklaration ist Teil der arglistigen Täuschung.

Bessere Deklaration

Nur mit einer ehrlichen Deklaration kann sich der Konsument wirklich frei entscheiden. Wenn ihm dauern miese Qualität und Tricksereien untergejubelt werden sollen, braucht sich niemand zu wundern, dass er nur noch auf den Preis schaut. Lebensmittelhersteller sollten zur vollen Wahrheit verpflichtet werden, irreführende Angaben und irreführende Werbung sollten untersagt sein. Dann würde dieses Produkt vielleicht etwa so aussehen:

So sollte die Deklaration aussehen

Der Trick mit «Zubereitung» oder «Erzeugnis»

Achtung, lieber Kunde, sobald Du die Bezeichnung «Xyz-Zubereitung» oder «Xyz-Erzeugnis» liest, wie hier «Pilzzubereitung», heisst das im Klartext: Du wirst betrogen! Mit dem Zusatz «Zubereitung» (oder «Erzeugnis») sagt der Hersteller, dass er den eigentlichen Begriff nicht benutzen darf und er Dich bewusst darüber täuschen und Dir falsche Tatsachen vorspielen will.

Forderung nach mehr Konsumentenschutz

Es ist eine Schande, dass unser Lebensmittelgesetz eine solch arglistige Täuschung des Konsumenten erlaubt, und dass sich Coop nicht schämt, bei einem derartig hinterhältigen Betrug an uns Konsumenten mitzumachen. Meiner Meinung nach müsste der Versuch, Konsumenten bewusst zu täuschen, wie das hier zweifelsfrei geschehen ist, strafrechtlich als Betrug verfolgt werden, denn schon heute lautet das Gesetz:

Art. 146 Betrug

  1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
  2. Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.
  3. Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
Als ich diese Beobachtung dem Kassensturz für seine Reihe «Ettikettenschwindel» melden wollte, musste ich feststellen, dass der Fall bereits bekannt ist.

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